Was ist sexuelle / sexualisierte Gewalt?
Zunächst ein kurzer Hinweis: es wird sowohl von sexueller Gewalt als auch von sexualisierter Gewalt geschrieben. Im Wesentlichen wird zwischen den beiden Begrifflichkeiten insofern unterschieden, dass ersteres den Fokus auf das Wort Gewalt legt und zweiteres das Sexuelle in den Vordergrund rückt. Zudem wird juristisch gesehen unter sexueller Gewalt eine Nötigung oder Vergewaltigung verstanden. Jedoch sind alle Handlungen bei der eine Person ohne ihr ausdrückliches Einverständnis gezwungen wird sexuelle Handlungen über sich ergehen zu lassen, auszuführen oder mit diesen konfrontiert wird zu beachten. Daher die Verwendung des Begriffs sexualisierte Gewalt. Umgangssprachlich wird demnach sehr oft von sexueller Gewalt gesprochen. An sich umfasst der Begriff eben jede Form von grenzverletzendem Verhalten, welches die Sexualität betrifft. Immer häufiger ist in erster Linie Gewalt die mittels Sexualität ausgeübt wird gemeint.
Mit Sicherheit kennt jede Frau eine oder mehrere der folgenden Situationen:
Welche Formen kann sexuelle Gewalt / sexualisierte Gewalt annehmen?
Im Grunde unzählige. Nach der Website www.frauenberatung.ch listen wir einige Beispiele. Für die genauere Beschreibung bitten wir darum hier nachzulesen.
Wer sexuelle Gewalt erlebt kann nach verschiedenen Gesetzen seine Rechte geltend machen und sich wehren! -> Es ist ein Grundrecht jedes Menschen, selbst über seine Sexualität zu bestimmen.
Das Opferhilfegesetz
Das Opferhilfegesetz (OHG) ist seit 1993 in Kraft und verbessert seitdem die Stellung der Opfer von Gewalttaten. Nach Artikel 1 hat «jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), [...] Anspruch auf Unterstützung nach diesem Gesetz (Opferhilfe)». Abgesehen davon können auch Ehegatte/Ehegattin, Kinder, Eltern oder andere nahestehende Personen den Anspruch auf Opferhilfe geltend machen. Zudem spielt es keine Rolle ob der Täter/die Täterin «ermittelt worden ist, sich schuldhaft verhalten hat, vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat».
Das Strafgesetz
Im Strafgesetzbuch (StGB) sind Handlungen geregelt die strafbar sind. Im Folgenden haben wir eine Auswahl der wichtigsten Strafgesetzartikel im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen aufgeführt.
Das Gleichstellungsgesetz
Das Gleichstellungsgesetz (GIG) trat am 1. Juli 1996 in Kraft und fördert die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann. Nach diesem Gesetz kann sich beispielsweise auf Artikel 4 «Diskriminierung durch sexuelle Belästigung» berufen werden. «Diskriminierend ist jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder ein anderes Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt. Darunter fallen insbesondere Drohungen, das Versprechen von Vorteilen, das Auferlegen von Zwang und das Ausüben von Druck zum Erlangen eines Entgegenkommens sexueller Art».
Da es für Laien schwierig sein kann sich in der Vielfalt der Gesetze zurechtzufinden ist eine Beratung sinnvoll, beispielsweise von einer anerkannten Opferhilfeberatungsstelle. Die Beraterinnen erklären den Ablauf eines Strafverfahrens und helfen bei der Entscheidung «Anzeige Ja oder Nein». Natürlich können solche Stellen jederzeit für eine Beratung aufgesucht werden, auch wenn bereits Anzeige erstattet wurde.
Quellen: www.frauenberatung.ch, Opferhilfegesetz (OHG), Strafgesetzbuch (StGB), Gleichstellungsgesetz (GIG)
Eine Vergewaltigung wird, gemäss heutigem StGB, folgendermassen definiert:
Art. 190 StGB
"Wer eine Person weiblichen Geschlechts zur Duldung des Beischlafs nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft."
Das bedeutet konkret: Eine Vergewaltigung wird nur dann als Vergewaltigung anerkannt, wenn es sich um eine Penetration des weiblichen Geschlechts handelt (Frauen / Personen ohne Vulva können also schon mal grundlegend nicht vergewaltigt werden). Wenn sich das Opfer nicht aktiv gegen die ungewollte Handlung wehrt (aktiv = schlagen, beissen, treten => Nein sagen zählt nicht), dann wird es nicht als Vergewaltigung anerkannt, was zu kleineren Strafen führt.
Im Schweizerischen Gesetz gilt "die Widerspruchslösung". Nur wenn sich das Opfer aktiv wehrt und die Handlung als ungewollt definiert, werden die Täter*innen bestraft. Nun ist es aber wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen, welche zu sexuellen Handlungen gedrängt werden, häufig in eine Schockstarre verfallen. Dies ist ein Überlebensmechanismus des Körpers. Andere trauen sich vielleicht nicht nein zu sagen, weil sie Angst vor Konsequenzen haben.
Ausserdem wie Amnesty Schweiz schön formuliert:
"Bei der Widerspruchslösung wird der betroffenen Person aufgrund ihres Verhaltens weiterhin eine Mitschuld zugesprochen (Victim-Blaming/Opfer-Täter-Umkehr). Sie muss sich vor sich selbst, gegenüber ihrem Umfeld und den Strafverfolgungsbehörden rechtfertigen, weshalb sie nicht Nein gesagt oder sich gewehrt hat."
Triggerwarnung (bildliche Beschreibung von sexueller Gewalt)
Stell dir folgendes Szenario vor. Ein Mann drängt eine Frau gegen ihren Willen zu Geschlechtsverkehr. Sie verfällt in eine Schockstarre und wehrt sich nicht aktiv gegen die Handlung. Trotz starken, (unberechtigten!!!) Schamgefühlen entscheidet sie sich nach dem Akt direkt zur Polizei zu gehen. Sie muss ein stundenlanger Prozess über sich ergehen lassen, dort wird jeder Zentimeter ihres Körpers auf Spuren untersucht. Ein Polizistin befragt sie über den Tathergang und stellt ihr Fragen, darüber was das Opfer anhatte und ob sie sich gewehrt hatte. Sie muss Beweise erbringen, dass der Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen passierte. Nach dem Prozedere erfährt die junge Frau, dass die Tat nicht als Vergewaltigung zählt, weil sie sich nicht aktiv gewehrt hat.
Findest du das genau so unfair wie wir?
Dann unterschreib jetzt die Petition von Amnesty Schweiz um vom Parlament eine Anpassung des StGB zu fordern!
Quelle: Amnesty.ch
Triggerwarnung: sexualisierte Gewalt
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